Vorläufigkeitsvermerk kann durch einschränkenden Vorläufigkeitsvermerk im Änderungsbescheid wegfallen

Steuerbescheide können in bestimmten Punkten vorläufig ergehen. Dies geschieht unter anderem, wenn

- ungewiss ist, ob ein bestimmter Sachverhalt überhaupt steuerpflichtig ist oder
- ein sog. Musterverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig und der Steuerpflichtige davon betroffen ist.

In beiden Fällen sind der Umfang und der Grund der Vorläufigkeit im Steuerbescheid anzugeben. Der Steuerbescheid kann dann in den angegebenen Punkten jederzeit geändert werden, solange der Vorläufigkeitsvermerk nicht aufgehoben ist.

Der Bundesfinanzhof hatte über die wirksame Aufhebung eines Vorläufigkeitsvermerks zu entscheiden, dem folgender Fall zugrunde lag: Eheleute erstatteten wegen nicht erklärter ausländischer Kapitalerträge eine Selbstanzeige, in der sie zunächst geschätzte Werte nacherklärten. In dem deswegen geänderten Einkommensteuerbescheid Nr. 1 nahm das Finanzamt einen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Kapitalerträge auf, damit die Eheleute die Chance hatten, eine korrekte Aufstellung der Kapitalerträge nachzureichen, ohne dass der Bescheid Nr. 1 in diesem Punkt rechtskräftig wurde. Zusätzlich wurde ein Vorläufigkeitsvermerk wegen diverser beim Bundesfinanzhof anhängiger Verfahren aufgenommen. Allerdings wurde dieser Bescheid später nochmals geändert. Der Bescheid Nr. 2 enthielt hinsichtlich der Kapitalerträge keinen Vorläufigkeitsvermerk mehr, nur noch hinsichtlich der Musterverfahren beim Bundesfinanzhof.

Nach Rechtskraft des Bescheids Nr. 2 übergaben die Eheleute dem Finanzamt die endgültige Aufstellung über die Kapitalerträge, die niedriger waren, als die mit der Selbstanzeige erklärten. Die von den Eheleuten verlangte Berichtigung des Bescheids Nr. 2 lehnte das Gericht ab, weil der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Kapitalerträge nicht mehr aufgenommen worden war. Die Eheleute hätten gegen den Bescheid Nr. 2 innerhalb eines Monats Einspruch einlegen müssen, um ihre Rechte zu wahren.

Tipp: Die Vorläufigkeitsvermerke sollten bei jedem eingehenden Bescheid auf Vollständigkeit überprüft werden.

Veröffentlicht am: 2. September 2016